Edit-a-thon “Kulturerbe auf Reisen”

Kulturerbeeinrichtungen enthalten eine Vielzahl von Objekten, Dokumenten, Kunstwerken, Naturalien und vieles mehr. Obwohl enorme Mengen an Sammlungsobjekten digitalisiert wurden, gibt es nach wie vor Hindernisse für ihre Entdeckung und Erforschung, was bedeutet, dass das volle Potenzial der digitalisierten Sammlungen für die Forschung, den Zugang und die wissenschaftliche Erforschung ungenutzt bleibt. In unserem Edit-a-thon wollen wir daher beispielhaft anhand von Sammlungsdaten der ehemaligen Kunstkammer der Herzöge und Herzoginnen von Württemberg zeigen, wie sich in Wikidata Sammlungsobjekte innerhalb und zwischen verschiedenen Sammlungen, ihre Aufenthaltsorte, Sammler*innen und Publikationen verknüpfen und explorativ in einem Wissensgraphen visualisieren lassen. Ein Wissensgraph zeigt dabei die vielen unterschiedlichen Verbindungspunkte, die zu einem Objekt bestehen. Durch die Darstellung von Verbindungen als Striche entsteht ein großes Spinnennetz, das eben als Graph bezeichnet wird.

Edit-WAS?

Ein Edit-a-thon ist eine Mischung aus “Edit” (bearbeiten) und “Marathon”, oder anders gesagt: gemeinsam bearbeiten Menschen in einem vorgegebenen Rahmen Inhalte und Themen. Besonders beliebt ist dieses Format für die gemeinsame Erstellung und Überarbeitung von Inhalten in der Wikipedia.

Wikidata

Wikidata ist noch nicht so bekannt wie die freie Enzyklopädie Wikipedia und andere Wikimedia-Projekte, hat aber als freie und offene Wissensdatenbank eine wichtige Aufgabe: hier werden Informationen aus vielen anderen Wikimedia-Projekten verknüpft und gespeichert. Der Vorteil von Wikidata liegt darin, dass die Daten sowohl von Menschen als auch von Maschinen gelesen und bearbeitet werden können und sprachübergreifend genutzt werden können. Bei Wikidata handelt es sich um eine sogenannte Graphdatenbank, also einen Knowledge Graph (Wissensgraph). Informationen lassen sich darin strukturiert darstellen und geben einen umfassenden und vernetzten Überblick über bestimmte Bereiche. 

Wikidata in der Linked Open Data Cloud von Thomas Shafee, CC BY

Zudem werden die Datensätze auch vollumfänglich als “Linked Open Data” nach FAIR-Prinzipien veröffentlicht.  Das ermöglicht es, die Nachnutzbarkeit der Daten nicht nur in Wikimedia-Projekten, sondern auch im Semantic Web zu erhöhen.

Wikimedia Projekte sind ein Türöffner zum Kulturerbe. Bei den meist besuchten Websites in Deutschland liegen die Wikimedia-Projekte auf Platz 7. Es lohnt sich also, Wissensinhalte genau dort zu teilen, da die Daten nachhaltig verfügbar sind, weitergenutzt werden können und dadurch den Bekanntheitsgrad der Kulturerbeeinrichtungen erhöhen.

Die Kunstkammer als Knowledge Graph

Thematischer Rahmen des Edit-a-thons sind vor allem Objekte mit einer vielfältigen Provenienzgeschichte. Der Edit-a-thon steht daher unter dem Motto “Objekte auf Reisen”. 

Das Thema ist absichtlich sehr breit gewählt, damit möglichst viele Kulturinstitutionen mit eigenen Sammlungsobjekten beitragen können. Um aber die Vorteile eines Wissensgraphen für Kulturerbe auch exemplarisch zu zeigen, werden zusätzlich Objekte aus der württembergischen Kunst- und Wunderkammer in Wikidata eingegeben. Die Kunstkammer der Herzöge von Württemberg gehört mit mehr als 3.000 erhaltenen Objekten zu den bedeutendsten historischen Kunstkammern Europas und zeichnet sich durch eine besonders dichte Überlieferung aus. Das Landesmuseum verwahrt allerdings nicht alle Objekte. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts sind Teile der Kunstkammer in viele verschiedene Institutionen übergegangen. So sind Teile der Sammlung heute u.a. auf das Staatliche Museum für Naturkunde, das Linden-Museums und der Staatsgalerie Stuttgart verteilt.

Landesmuseum Württemberg, Hendrik Zwietasch, CC BY-SA 4.0

Neben kostbaren kunsthandwerklichen Arbeiten umfasst die Sammlung Objekte, die aus fernen Ländern nach Europa importiert wurden, und eine Fülle an kuriosen Dingen, ausgestopften Tieren, magischen Gegenständen, Bronzen, Uhren, Miniaturen, Münzen und vieles mehr. Im Wissensgraphen lassen sich Informationen, wie Herstellungs- und Verwahrungsorte der Objekte, Sammler*innen sowie Jahresdaten darstellen und explorativ 

Visualisierung der verknüpften Eigenschaften und Entitäten eines Radfächers.

Für die Teilnehmenden besteht hier die Möglichkeit, zu Personen oder Orten rund um die Kunst- und Wunderkammer  zu recherchieren. Im Fokus steht nicht unbedingt die Menge an Bearbeitungen, sondern auch die Tiefe der Erschließung. So kann die genaue Bearbeitung einer Institution genauso gewinnbringend sein wie die Bearbeitung von vielen einzelnen Objekten. 

Ein erster Blick in das Projekt ist auf der Wiki-Projektseite möglich, auf der alle technischen Details zur Daten-Eingabe sowie mögliche Abfragen dokumentiert werden: https://www.wikidata.org/wiki/Wikidata:WikiProject_GLAM-BW .

Und natürlich ist die Bearbeitung nicht auf den Edit-a-thon beschränkt. Wer jetzt schon warm werden möchte, kann sich ein Benutzerkonto anlegen und die ein oder andere Aufgabe übernehmen. Und wer mehr über die Sammlung und ihre Geschichte der Kunstkammer erfahren will, kann in den Open Access Publikationen stöbern.

Wie kann ich mitmachen?

Der Edit-a-thon findet über mehrere Tage verteilt virtuell statt und beinhaltet unterschiedliche Angebote. Ziel ist es, möglichst viele Personen und Interessensgebiete anzusprechen. Deshalb werden im Vorfeld des eigentlichen Edit-a-thons zwei einstündige Onboarding-Sessions am 27.10., 10 Uhr und 30.10., 16 Uhr angeboten. Diese Sessions sind offen für alle Interessierten. Die Teilnehmenden erhalten Informationen zum Projekt und eine erste Orientierung zum Umgang mit offenen Kulturdaten auf der Wikipedia und Wikidata.

Der eigentliche Edit-a-thon findet am 13. und 23.11.2023 statt. Direkt vor dem Edit-a-thon wird es eine Einführung zu den Funktionalitäten auf Wikidata geben und es wird erklärt, wie beim Edit-a-thon Personen, Objekte, Orte, Institutionen und Ähnliches auf Wikidata bearbeitet werden können. Die Arbeitsweise ist den Teilnehmer*innen selbst überlassen und man kann sich gerne zu Gruppen zusammenschließen. Eine Moderatorin oder ein Moderator steht zu vorgegebenen Zeiten zur Verfügung und hilft bei Fragen und Problemen weiter. Eine Liste an möglichen Aufgaben unterstützt die Arbeit beim Edit-a-thon und macht die Vielfalt an Themengebieten sichtbar. Es gibt für jede*n das richtige Thema.

Offen für Alle

Wikidata klingt technisch, aber für den Edit-a-thon sind keine speziellen Vorkenntnisse nötig. Die Onboarding-Sessions sollen dabei helfen, allen Interessierten die Wikidata-Umgebung sowie das Projekt näher zu bringen und Fragen zu beantworten. 

Die Workshops sollen erste Schritte im Editieren vermittelt werden, damit möglichst viele Teilnehmende über ein ähnliches Niveau an Vorkenntnissen verfügen. Gemeinsam möchten wir Wikidata-Einträge zur Kunstkammer der württembergischen Herzöge editieren und auch Archivalien und Sammlungsobjekte anlegen und verknüpfen. Es ist auch möglich, nach Absprache, ein eigenes Objekt, Dokument oder Archivalien mitzubringen.

Wir freuen uns auf Eure Teilnahme!

Alle Termine im Überblick:

Onboarding

27.10.23 10:00 – 11:00 Uhr, Teilnahmelink: https://us06web.zoom.us/j/83701832076

30.10.23, 16:00-17:00 Uhr: Teilnahmelink: https://us06web.zoom.us/j/81277512943

Edit-a-thon

13.11.23,  09:00-10:00 Uhr: Workshop für Anfänger*innen, 10:00-13:00 Uhr Edit-a-thon

23.11.23, 13:00-16:00 Uhr

Anmeldelink zum Edit-a-thon: https://eveeno.com/glam-goes-open-data-editathon

Kontakt: Nicole High-Steskal nhs@digitalberatung.at

Autorinnen: Anna Gnyp, Nicole High-Steskal, Vivien Schiefer

Die Wertermittler

Bewertung von Aktenfluten mit Wikidata und juristischen Fachdaten

Das Landesarchiv Baden-Württemberg stellt nicht nur Quellen für die Erkundung unserer Vergangenheit bereit. Es hat auch heutige Entwicklungen für die Zukunft zu dokumentieren. Dazu gehören individuelle Geschichten, die nicht in den Medien auftauchen, weil Betroffene einen Anspruch auf Vertraulichkeit haben. Als Lösung darf das Landesarchiv einzelne Akten von lebenden Personen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, bei sich einlagern. Zu Lebzeiten der Betroffenenen bleiben sie unter Verschluss, erst zehn Jahre nach ihrem Tod werden sie als historische Quellen zugänglich.
Für Justizakten hat das Landesarchiv Verfahren entwickelt, um die vielen 100.000 Gerichtsakten, die jährlich im Land entstehen, massenhaft auf ihren bleibenden Wert zu prüfen, denn aus Kostengründen können nur wenige Akten erhalten bleiben. Es erhält dafür von der Justiz Metadaten über die Fälle. Die Kriterien für bleibenen Wert beruhen auf unterschiedlichen Anliegen, bespielsweise:
– durchschnittliche und extreme Lebenswelten abbilden
– neue Arten von Streitgegenständen abbilden
– politische Kriminalität (z.B. Landfriedensbruch) abbilden
– durchschnittliche Gerichtsverfahren abbilden, aber nicht zu viel davon (Aussagekraft)
– Fälle, bei denen es um besonders hohe Summen geht, abbilden
– Umgang mit prominenten Menschen aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Sport abbilden
– Interessen der Rechtswissenschaft abbilden
Die Kriterien sind schriftlich definiert und in der technischen Umsetzung wird versucht, diese Kriterien bestmöglich umzusetzen.
Im Prozess werden Daten von außen eingebunden, nämlich:
– Daten über Personen in der Wikipedia, übernommen von Wikimedia Deutschland.
– Daten über Gerichtsentscheidungen, erfasst von den Gerichten, übernommen von den Firmen JURIS GmbH und von OpenJur gUG.
Für die unterschiedlichen Gerichtssparten (vor allem Zivilgerichte, Strafgerichte mit den aktenführenden Staatsanwaltschaften, Arbeitsgerichte, Sozialgerichte) haben wir unterschiedliche Grade der Automatisierung erreicht. Die erste Softwaregeneration namens Selesta wird gerade durch einen modularen Baukasten auf Basis der populären Datenbankanwendung phpMyAdmin ersetzt.

Literatur:
E. Koch, K. Naumann, J. Rees, A. Riek, S. Schnell, F.-J. Ziwes, Bewertungsautomat statt Autopsie. Sind jetzt zehntausend Akten in zehn Sekunden bewertet?, in: Archivar 70 (2017) H. 2, S. 173-177. https://www.archive.nrw.de/sites/default/files/media/files/Archivar_2_2017.pdf
K. Naumann, Neues vom Bewertungsautomaten : Workshop über Selesta in Stuttgart und Ludwigsburg. In: Archivar 73 (2020) H. 1, S. 63-64. https://www.archive.nrw.de/sites/default/files/media/files/Archivar_2020_1_Internet.pdf
K. Naumann, F.-J. Ziwes, Crowd-based appraisal and description of archival records at the State Archives Baden-Württemberg, 2014. In: Archiving 2014 / Society for Imaging Science and Technology, (2014) S. 15-19. https://www.landesarchiv-bw.de/sixcms/media.php/120/Paper_Naumann_Ziwes_12.pdf
A. Pingen, A.-K. Steger, Unter der Lupe – Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen in Deutschland, in: RuZ 4 (2023) H. 2, S. 205-222, https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/2699-1284-2023-2-205/

Zettelschwärmer

Die Zettelschwärmer sind ein Crowdsourcing-Projekt, mit dem das MARCHIVUM die digitalisierten Theaterzettel des Nationaltheaters Mannheim erfassen will. Das Nationaltheater Mannheim ist eine bedeutende Bühne mit langer Tradition – gegründet 1777 und Schauplatz der Uraufführung von Schillers „Die Räuber“ 1782. Seit 1839 in städtischer Verantwortung ist es das älteste kommunale Theater Deutschlands. Die Aufführungen des Nationaltheaters wurden früher in tagesaktuellen Handzetteln beworben, denen man alle wichtigen Informationen zum aufgeführten Stück entnehmen konnte: den Theaterzetteln. Die ältesten überlieferten Theaterzettel stammen aus dem Jahr 1779, also seitdem die Spielzeiten überhaupt gezählt werden. Die jahrgangsweise gebundenen Zettel gehören zu den Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen und wurden vom MARCHIVUM bis zur Spielzeit 1981/1982 digitalisiert. Sie geben somit Aufschluss über mehr als 200 Jahre Repertoire- und Theatergeschichte in Mannheim.

Website: https://www.marchivum.de/de/zettelschwaermer

Sammler*innen Edit-a-thons am Museum für Naturkunde: Innovative Formatentwicklung für partizipative Wissensvernetzung

Die Bedeutung von Open Access zu Publikationen zur Bio- und Geodiversität kann nicht oft genug betont werden. Durch den stetig wachsenden Einsatz von Identifikatoren (persistent identifiers, PIDs), etwa für Personen, Publikationen, Taxa und Sammlungsobjekte lassen sich neue Bezüge herstellen und die Datenintegration und Wissenskontextualisierung vorantreiben. Über Personendaten lassen sich Verknüpfungen von Sammler*innen mit Sammlungsobjekten, Sammellokalitäten, Publikationen, Feldbüchern und anderen Archivalien herstellen. Dies ist über die naturwissenschaftliche Sammlungs- und Wissenschafts-Community hinaus auch für andere sammlungsbasierte Disziplinen wie beispielsweise die Ethnologie und Anthropologie sowie (wissenschafts-)historisch interessierte Öffentlichkeiten von großer Bedeutung. Das MfN Sammlerwiki enthält wertvolle Informationen zu Sammlerbiographien, Reiserouten, Sammelgebieten und entsprechenden Referenzen. Dieses Wiki ist aktuell jedoch nur intern verfügbar, die Daten sind z. T. heterogen und nicht frei zugänglich, können also nicht von Externen genutzt werden.

Offen-kollaborativer Ansatz soll Hemmschwellen bei der Nutzung offener, digitaler Plattformen abbauen

Ziel des Projektes ist die kritische Überarbeitung, Öffnung und Nutzbarmachung der Informationen zu historischen Sammler*innen unter Einbeziehung relevanter Personen mit Bezug zum MfN, wie z.B. Wissenschaftler*innen, Präparator*innen und wissenschaftliche Illustrator*innen. Den Kern bilden zwei Workshops, sogenannte Edit-a-thons, deren Potenzial für die Zukunft getestet werden soll. Diese bisher nicht am MfN genutzte Veranstaltungsformat ähnelt Hackathons für Programmierer*innen, dienen jedoch dem Editieren von z. B. Wikipedia-Artikeln und Wikidata-Items.

Das Projekt schließt eine Lücke in der transdisziplinären Provenienzforschung

Während beim MfN-internen Edit-a-thon Mitarbeiter*innen des Hauses durch Schulung und Training befähigt werden, selbst aktiv zum Sammler*innen-Datensatz beizutragen, zielt ein zweiter, öffentlichkeitswirksam begleiteter Edit-a-thon auf die partizipative Einbindung einer möglichst breiten Community aus Fachleuten, Institutionen und Hobbyforschern. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurde häufig transdisziplinär gesammelt. Mitunter fanden botanische, zoologische, ethnologische und oft auch anthropologische Objekte durch ein und dieselbe Person Zugang zur Sammlung. Durch die Verfügbarmachung des Wissens über Sammler*innen können nicht nur Wissenslücken gemeinsam geschlossen werden, sie ist auch Vorrausetzung für die kritische Erschließung von Provenienzen und Kontexten von Sammlungen und dient damit Aspekten der musealen Verantwortung für Transparenz und Zugänglichkeit. Neben Sammler*innen und anderen Wissenschaftler*innen werden auch unterrepräsentierte (und nicht oder kaum sichtbare) Gruppen thematisiert. Letztendlich sollen die validierten Daten als Grundlage für zahlreiche zukünftige interne und externe Projekte dienen.

Das Projekt ist im Bereich Wissenschaftsdatenmanagement angesiedelt und wird in enger Abstimmung mit der Abteilung Kultur- und Sozialwissenschaften der Natur, sowie der Bibliothek des MfN / Koordinierungsstelle für wissenschaftliches Publizieren (KWP) und der Historischen Arbeitsstelle (HAS) durchgeführt.

Im Rahmen des Projektes wurden bzw. werden verschiedene Veranstaltungen (z.B. Edit-a-thons) durchgeführt. Im WikiProject: Collectors affiliated with the MfN Berlin wurden wichtige Quellen und genutzte Wikidata Properties zusammengestellt sowie weitere Informationen zum Projekt und den öffentlichen Veranstaltungen dokumentiert.

MfN Projektseite mit weiterführenden Links: https://www.museumfuernaturkunde.berlin/de/wissenschaft/sammlerinnen-edit-a-thons-am-museum-fuer-naturkunde-innovative-formatentwicklung-fuer

Data Exploration Sprint am MK&G Hamburg

Was passiert, wenn ein Museum seine gesamten Sammlungsdaten für Forschung und Nachnutzung zur Verfügung stellt? Was sind Potenziale für Kulturinstitutionen und welche Herausforderungen gibt es?

Im Rahmen des Data Exploration Sprints vom 17. bis 21. April 2023 haben 14 Wissenschaftler*innen, Designer*innen und Entwickler*innen gemeinsam mit Mitarbeiter*innen des Museums für Kunst und Gewerbe und externen Workshopbeteiligten die gesamten Sammlungsdaten mit digitalen Methoden erkundet und innerhalb von fünf Tagen Software-Prototypen, Datenvisualisierungen und -explorationen entwickelt.

Im Rahmen des Kurzvortrages möchten wir sowohl auf Vorgehen, Ablauf und Ergebnisse des Workshops als auch auf Herausforderungen in Bezug auf die Datenbereitstellung und Urheberschaftsfragen der entwickelten Prototypen eingehen.

Zu den Ergebnissen des Data Sprints gehört der Prototyp Objektforscher, eine Webanwendung, die ein spielerisches und intuitives Entdecken der Sammlung aufgrund ihrer innovativen Benutzeroberfläche ermöglicht. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und Metadaten der Sammlungsobjekte werden die Objekte basierend auf Ähnlichkeiten und thematischen Gruppierungen angezeigt.

Da Informationen und Metadaten zu Objekten immer von Menschen recherchiert und hinzugefügt werden, übernehmen wir unsere Vorannahmen und Unschärfen auch in der Erfassung der Objekte. Durch Visualisierungen können diese erkannt und durch präzisere oder zeitgemäßere Benennungen ersetzt werden. Ein während des Workshops entstandenes Tool ermöglicht solche Visualisierungen und das Erkunden der Sammlung vor allem für interne Zwecke, aber auch neue Suchfunktionalitäten werden denkbar.

Wie können die Ergebnisse aus einem solchen experimentellen und partizipativen Format in eine Gesamtstrategie einfließen und die Weiterentwicklung der digitalen Sammlungen befruchten? Der Data Exploration Sprint im Rahmen des NEO Labs ist Teil des Projekts NEO Collections, in dem wir partizipative Herangehensweisen zur Weiterentwicklung digitaler Sammlungen ausprobieren.

LEO BW – Landauf, LandApp

Vor vier Jahren startete die interaktive Landeskunde-App von LEO-BW mit dem Ziel, das reiche Erbe an Bau-, Kultur- und Naturdenkmälern in Baden-Württemberg durch Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger zu kartieren. Nutzerinnen und Nutzer können so gemäß dem Konzept der Citizen Science selbst aktiv die Kultur- und Baugeschichte des Landes erforschen und dokumentieren. Das Prinzip der App ist einfach: Sie fotografieren beispielsweise Ihre persönlichen Lieblingsorte und hinterlegen diese selbst auf der interaktiven Karte der App. Ihre Aufnahmen können Sie anschließend mit einem kleinen Text versehen, um sowohl die Bedeutung Ihres Motives als auch Ihren persönlichen Bezug dazu mitzuteilen.
Landauf, LandApp soll dazu beitragen, dass wir uns intensiver mit der Kultur und Geschichte unserer Umgebung auseinandersetzen – ob im Heimatort oder bei Ausflügen. Und das mit Erfolg: Mittlerweile wurden durch die zahlreichen Nutzerinnen und Nutzer der App über 15.000 Beiträge eingestellt. Neben bekannten Sehenswürdigkeiten wie Burgen, Schlössern, Kirchen oder Klöstern, zeugen gerade die Aufnahmen von weniger bekannten Orten oder lokalen Besonderheiten wie Wegkreuzen, Grenzsteinen oder Wohnhäusern von der kulturellen Vielfalt Baden-Württembergs. Vor allem aber wird deutlich, dass sich überall im Ländle – auch abseits bekannter Wege – geschichtsträchtige und spannende Orte finden lassen.
Dass Baden-Württemberg darüber hinaus ganz wesentlich durch die Vielfalt seiner Naturräume geprägt ist, spiegelt sich in den vielen Natur- und Landschaftsaufnahmen wider. Aber auch alltägliche Motive vor der eigenen Haustür wurden mithilfe der App eingefangen und dokumentiert, da gerade das (vermeintlich) Gewöhnliche Auskunft über regionale Besonderheiten oder den Fortbestand alter Traditionen geben kann. Die detaillierten Ortskenntnisse der Nutzerinnen und Nutzer machen die Beiträge zu einer wertvollen Ergänzung der landeskundlichen Inhalte auf LEO-BW. Die Aufnahmen und Beschreibungen aus der App werden sukzessive über das Portal zugänglich gemacht.
Erhältlich ist die kostenlose Landauf, LandApp, deren hochgeladene Inhalte als frei nutzbare Open-Data unter CC0-Lizenz geführt werden, sowohl als Mobilversion für Smartphones als auch in einer Desktop-Version für den Heimcomputer.

Weitere Infos zur Landeskunde-App finden Sie hier.

Zum Landeskunde-Portal LEO-BW geht es hier.

Datenraum Kultur – Use Case 3: „Smarte Theaterdienste“

In Deutschland gibt es über 1.000 private und öffentlich getragene Theater, Orchester, Festivals und Gastspielhäuser – entsprechend groß ist auch die Anzahl der Dispositionsdaten, ortsspezifischen Informationen zu den einzelnen Spielstätten und der unterschiedlich umfangreich aufgebauten Spielpläne. Im Rahmen des von der Beauftragten für Kultur und Medien geförderten Projektes Datenraum Kultur steuert der Deutsche Bühnenverein in Kooperation mit der Akademie für Theater und Digitalität Dortmund und dem Staatstheater Augsburg den Use Case „Smarte Theaterdienste”. Erklärtes Ziel ist die Entwicklung eines Moduls, mit dessen Hilfe Spielplandaten in ein maschinenlesbares Format umgewandelt werden können. Auf diese Weise soll dazu beigetragen werden, das große Volumen an Dispositionsdaten, ortsspezifischen Informationen zu den Spielstätten und der unterschiedlich ausgestalteten Spielpläne eines Theaters, Orchesters oder eines freien Ensembles in eine standardisierte Form zu überführen, um Recherche- und Auswertungsmöglichkeiten nachhaltig zu erleichtern.

Maschinenlesbare Spielpläne ermöglichen perspektivisch eine Vielzahl von Anwendungsfeldern: schnelle Datenaktualisierung bei Vorstellungsänderungen, automatisierte Befüllung von Veranstaltungskalendern und damit die Erhöhung der Sichtbarkeit auch kleinerer Theater, da die Spielpläne automatisiert auf einer Vielzahl von Plattformen abgebildet werden können, auch wenn die personellen Kapazitäten für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den Häusern selbst möglicherweise beschränkt sind, passgenaue Filteroptionen für Nutzer*innen mit speziellen Bedürfnissen, Vereinfachung der Verarbeitung und des Austausches von Kulturdaten mit Archiven, Forschungseinrichtungen oder Verwertungsgesellschaften u.a.

Als Teil der Digitalstrategie des Bundes verfolgt der Datenraum Kultur das Ziel, eine innovative IT-Architektur für einen sicheren und interdisziplinären Datenaustausch verschiedener Interessengruppen im Kulturbereich zu ermöglichen. Damit leistet das Projekt sowohl einen Beitrag dazu, technische und semantische Standards zu etablieren, als auch die Datensouveränität der Nutzenden zu schützen: Der Datenraum Kultur selbst speichert keine Daten, sondern stellt nur die Infrastruktur für einen sicheren Datenaustausch bereits bestehender zur Verfügung.

Der Datenraum Kultur ist ein gemeinsames Projekt der Behörde für Kultur und Medien (BKM) der Freien und Hansestadt Hamburg, acatech – der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT

sowie den Partnerinnen und Partnern der vier Use Cases „Vernetzte Kulturplattformen“, „Smarte Museumsdienste“, „Smarte Theaterdienste“ und „Smarte Musikdienste“ und eines von 18 Leuchtturmprojekten der Digitalstrategie der Bundesregierung.

In einem Kurzvortrag stellt das Projektteam gern den Stand der Entwicklung vor, zeigt Anwendungsbeispiele aus der Praxis und ist offen für Fragen, Diskussionen und Austausch zum Thema Datenvernetzung und OpenData.

Weitere Informationen: https://www.buehnenverein.de/de/netzwerke-und-projekte/datenraum-kultur.html

Unsere Kleindenkmale

Im Landkreis Reutlingen startete im Jahr 2009 die Erfassung der Kleindenkmale im Rahmen des Großprojekts „Erfassung der Kleindenkmale in Baden-Württemberg“ und konnte 2013 abgeschlossen werden. In den Städten und Gemeinden des Kreises haben über 100 ehrenamtliche Bürgerinnen und Bürger mehr als 3.000 Kleindenkmale, darunter fast 1.400

Grenz- und Marksteine, über 260 Wegkreuze und mehr als 100 Bildstöcke, zahlreiche Brunnen, Gedenksteine- und tafeln und zahlreiche weitere Objekte beschrieben, vermessen, fotografiert und erfasst.

Eine kleine Auswahl an Objekten wurde im Jahr 2015 in einer Publikation veröffentlicht, die auf großes Interesse der Öffentlichkeit gestoßen ist. Geplant ist jetzt alle vorliegenden Daten in einer innovativen Online-Datenbank und zusätzlich als App zu veröffentlichen, die den Bürgerinnen und Bürgern eine unkomplizierte und zeitgemäße Abfrage und Recherche aller erfassten Kleindenkmale über das Internet ermöglicht. Sofern vorhanden können mittels der eingespielten Geodaten in der Datenbank (mobile Umkreissuche) die Kleindenkmale auf diese Weise durch die Nutzerinnen und Nutzer direkt im Gelände identifiziert und besucht werden.

Suchanfragen sind auch nach Standort (Stadt oder Gemeinde) und Art des Kleindenkmals möglich (Grenz- und Marksteine, Wegkreuze, Bildstöcke, Brunnen, Gedenksteine und Gedenktafeln, Sonstige).

Ein unbürokratisches Onlineformular ermöglicht den Nutzerinnen und Nutzern die direkte Rückmeldung an das Kreisarchiv, wenn neue Kleindenkmale entdeckt werden oder bereits erfasste Kleindenkmale gefährdet, zerstört oder beschädigt sind. Ebenso können bei Kleindenkmalen Geodaten ergänzt werden, wenn diese noch fehlen. Diese Rückmeldungen tragen dazu bei die Kleindenkmale zu schützen und den erfassten Datenbestand tagesaktuell zu halten.

Zur Website: www.unsere-kleindenkmale.de

xCurator – vernetzte Daten & smarter Zugang zum kulturellen Erbe

Mit der Entwicklung des Open-Source-Tools xCurator werden mittels KI-Technologien automatisiert neue, personalisierte Zugänge zu den Inhalten des Museums eröffnet und mit vertiefenden externen Informationsebenen verbunden. Mit Verfahren der Bilderkennung und KI-gestützter Textproduktion werden die umfangreichen digitalen Sammlungen erschlossen und erweitert. Ein Storytelling-Ansatz ermöglicht Nutzer*innen KI-gestützt eigene Produktionen zu erstellen. Damit wird mit und für Nutzer*innen ein Werkzeug entwickelt, mit dem nicht nur die Erschließung und vertiefende Kontextualisierung der Museumsinhalte, sondern vor allem die Pluralität von Perspektiven und die Relevanz der eigenen Geschichte fokussiert
wird. In co-creativen Entwicklungsumgebungen wird so gemeinsam mit Nutzer*innen & Entwickler*innen am digitalen Museum der Zukunft gearbeitet.

Mehr zu KI & Museum am Badischen Landesmuseum Karlsruhe: https://www.landesmuseum.de/digital/projekte-museum-der-zukunft/kuenstliche-intelligenz-museum 

 

ARTigo – Social Image Tagging

ARTigo ist ein Citizen-Science-Projekt, das am Institut für Kunstgeschichte und am Institut für Informatik der Ludwig-Maximilians-Universität München entwickelt wurde. Seit 2010 ermöglicht es die spielerische Verschlagwortung von Kunstwerken und demokratisiert so den Zugang zu einem traditionell elitären Feld. Durch die Nutzung kollektiven Wissens schöpft das Projekt aus der „Weisheit der Vielen“ und zeigt, dass kulturelles Erbe nicht nur das Produkt von Fachkundigen, sondern auch das Ergebnis alltäglicher menschlicher Aktivitäten ist.

Die Plattform ist als interaktive Webanwendung konzipiert, die sogenannte Games With a Purpose vorhält: Zwei anonym bleibenden Spieler*innen wird zeitgleich dasselbe Bild präsentiert. Sie werden nun motiviert, innerhalb einer vorgegebenen Zeit durch visuelle oder textliche Annotationen, sogenannte Tags, miteinander zu kommunizieren. Diese Tags können frei gewählt werden, das Bild beschreiben oder Emotionen und Assoziationen vermitteln. Ziel ist es, durch übereinstimmende Tags möglichst viele Punkte zu sammeln. Die Spieloberfläche besteht im Wesentlichen aus zwei Elementen: dem zu annotierenden Bild und einer Eingabemaske. Die Tags des*r Mitspielers*in erscheinen in einer Chatbot-ähnlichen Simulation, wobei nicht übereinstimmende Einträge zunächst unkenntlich gemacht werden.

Durch die Wiederverwendung von Tags aus früheren Runden wird das Gemeinschaftsgefühl gestärkt, auch wenn keine Mitspieler*innen online sind. Am Ende jeder Spielsitzung werden die zuvor getaggten Kunstwerke mit ihren Metadaten angezeigt. Dies verbessert das Spielerlebnis und soll den Spieler*innen helfen, sich besser an die konzeptuellen Details der Kunstwerke zu erinnern, mit denen sie interagiert haben. Das hochgradig modulare System von ARTigo ermöglicht eine einfache Personalisierung der Spiele und stellt sicher, dass die Plattform an sich ändernde Bedürfnisse angepasst werden kann. Dadurch wird ARTigo zu einem vielseitigen Werkzeug für die Kunstvermittlung: Die Möglichkeit zur Personalisierung fördert die Kreativität und führt zu einer dynamischeren und vielfältigeren Gemeinschaft von Nutzer*innen. Diese virtuelle Erfahrung kann in einen persönlichen Museums- oder Archivbesuch übertragen werden.

Zur Website: https://www.artigo.org/de

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